Wir halten an der Schreibschrift fest

Eine verbundene Handschrift unterstützt eine fließende Schreibhandlung und ermöglicht dem Schreiber den korrekten Sprachrhythmus einzuhalten, denn nur verbundenes Schreiben erlaubt rhythmisierendes Schreiben entlang von Silben.

Unserer Beobachtung nach verleitet das Schreiben mit Druckschrift zum Lautieren einzelner Buchstaben und die Silbe wird nicht oder nur mühsam erfasst, was wiederum verstärkt zu Problemen in der Wortdurchgliederung führt. Auch die Wortgrenzen werden meist nicht deutlich genug eingehalten. Darüber hinaus sind Größer-/Kleinerverhältnisse immer seltener erkennbar und das Einprägen von Groß- bzw. Kleinschreibungen wird erschwert. Alles in allem wird damit eine Automatisierung des Schreibvorganges stark eingeschränkt.

Damit jedoch fehlerfreies Schreiben gelingen kann, muss das Kind zuerst seine Schrift beherrschen. Demnach ist der Aufbau einer korrekten und flüssigen Schrift die wichtigste Grundlage für eine weitere Schriftsprachentwicklung.   (Reuter-Liehr, 2018)

 


Schulmeidendes Verhalten und Teilleistungsstörungen (LRS und RS)

Auf dem Online-Portal der Einbecker Morgenpost findet sich ein lesenswerter Artikel  zum Thema „Gründe für Schulmeidung finden und behandeln“ der sich umfangreich mit einem interessanten Vortrag von Alexander Tyka, Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie aus Göttingen, befasst. Unter anderem sieht Tyka einen Zusammenhang zwischen schulmeidendem Verhalten und den Teilleistungsstörungen Lese-Rechtschreibstörung und Rechenstörung. Wichtig sei deshalb, die Lese-Rechtschreibstörung rechtzeitig zu erkennen, am besten Anfang/Mitte der zweiten Klasse, damit die Betroffenen eine effektive Therapie mit wissenschaftlich fundierten Behandlungskonzepten erhalten können. Darüber hinaus fordert er, die Kinder müssen eine verbundene Schrift mit "klaren Buchstaben" erlernen, und dies müsse auch trainiert werden. 

Hier finden Sie den vollständigen Artikel!


ZDF - Dokumentation - Die Lüge meines Lebens

Am 28.11. sendete das ZDF eine einfühlsame Dokumentation über Jutta und Harald, beides Analphabeten. Offensichtlich leiden beide an einer Lese-Rechtschreib-Störung, die zur damaligen Zeit nicht erkannt und folglich auch nicht behandelt wurde. Jutta und Harald berichten offen über eine quälende Schulzeit und eine lebenslange seelische Belastung. 

Die LRS wird heute gut erkannt und unter bestimmten Bedingungen besteht die Möglichkeit, einen Antrag auf Kostenübernahme einer qualifizierten LRS-Therapie beim zuständigen Jugendamt zu stellen.

Der Gesetzgeber sieht jedoch vor, dass die drohende seelische Behinderung mit einem ärztlichen Gutachten belegt werden muss: „Kinder und Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist. Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieses Buches sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.“ 

Dennoch erleben wir immer wieder, dass entsprechende Anträge mit der Begründung abgelehnt werden,  das Kind sei gut in die Klassengemeinschaft integriert, habe Freunde, sei aufgeschlossen und fröhlich - so stehe es im Zeugnis! Es ist erfreulich, dass Kinder mit einer LRS heute nicht mehr unbedingt ausgegrenzt werden, aber eine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ist immer noch absolut gefährdet, wenn das Kind während der Schulzeit nicht ausreichend lesen und schreiben lernt. Das Bundesbildungsministerium hat die alarmierende Zahl von 7,5 Millionen Analphabeten in Deutschland wahrgenommen und will  in den kommenden zehn Jahren spezielle Lernangebote für Erwachsene und andere Projekte mit 180 Millionen Euro fördern (welt.de).

 

Das ist schon mal ein Schritt in die richtige Richtung, aber Vorsorge ist ebenso wichtig wie Nachsorge und deshalb sollten Betroffene uneingeschränkt eine qualifizierte LRS-Therapie erhalten können. 


Handschriftlich schreiben - brauchen wir das noch?

Das handschriftliche Schreiben gerät immer mehr in den Hintergrund oder besser gesagt aus der Mode. E-Mail, SMS, WhatsApp, Twitter und Facebook ersetzen das Schreiben von Hand. Noch vor gar nicht langer Zeit bemühte man sich bei schriftlichen Nachrichten zunächst um eine passende Anrede, dachte über jedes Wort, das man schrieb, nach und schloss die Mitteilung mit einer passenden Grußformel. Oftmals beginnen Nachrichten heute nur noch mit "Hi" und enden mit "LG", wenn überhaupt. Ich habe gehört, das sei modern, also mache ich das auch ab und zu. Die Textinhalte sind in der Regel kurz, und immer öfter werden Worte durch Emojis - zu deutsch Bildschriftzeichen - ersetzt.

Können wir mit dieser Art zu kommunizieren unsere Gedanken und Gefühle treffend wiedergeben? 

Unabhängig davon, dass unsere Welt ärmer wäre, wenn die Menschheit keine Dichter mehr hervorbrächte: Die Wissenschaft hat längst festgestellt, das Schreiben von Hand ist eine Höchstleistung des Gehirns. Die Worterkennung nur mit Hilfe des Computers zu festigen, gelingt offenbar nicht, und Tippbewegungen hinterlassen wie es scheint keine Spuren.   

Wir sind zuversichtlich, dass auch weiterhin von Hand geschrieben wird. Anscheinend wird die Handschrift in Deutschland zutiefst wertgeschätzt. Der Verein Initiative Schreiben e.V.  hat laut Angabe auf ihrer Homepage im Jahr 2013 eine Meinungsumfrage in Auftrag gegeben. Insgesamt wurden 1017 Personen befragt, und rund neun von zehn Befragten gaben an: Handgeschriebenes ist von besonderem Wert. Wenn Sie also demnächst beispielsweise via Facebook erinnert werden, dass einer Ihrer Freunde Geburtstag hat:

 

Suchen Sie eine ansprechende Karte aus.

Überlegen Sie sich eine persönliche Anrede.

Verfassen Sie handschriftlich einen individuellen Geburtstagsgruß.

Schließen Sie mit einer lieben Grußformel.

 

Und nicht vergessen, ein Klick reicht nicht, damit die Person die Karte erhält. Sie muss persönlich überreicht oder mit der Post versandt werden. Apropos, Kinder machen dies erfahrungsgemäß sehr gerne, wenn man sie dazu anleitet. (ag)


Eine kleine - aber womöglich - wirksame Hilfe bei Schulaufgaben

Bereits 2012 konnten Forscher aus Italien und Frankreich zeigen, dass eine einfache Umformatierung  eines  Textes  Kindern  mit  einer Lese-Rechtschreib-Störung (LRS) das Lesen erleichtern  kann:  

 

Die Buchstaben eines Wortes und die Wörter im Text müssen weiter auseinander stehen. Diese simple Maßnahme  führt  offensichtlich zu  einer Verringerung des sogenannten Crowding-Effekts.

Visuelles Crowding bezeichnet die Schwierigkeit aus einer Vielzahl von Objekten das einzelne wahrzunehmen. Einzelne Objekte können sehr leicht wahrgenommen werden, sind sie jedoch von anderen umringt, so können sie nicht mehr erkannt werden. Das Phänomen tritt unter verschiedenen Bedingungen sowie bei unterschiedlichen Objekten (Symbole, Gesichter, Menschen, Buchstaben) auf. Mittlerweile gibt es mehrere Anhaltspukte, die vermuten lassen, dass Kinder und Jugendliche mit einer Lesestörung stärker unter diesen visuellen Crowdings leiden als Gleichaltrige mit durchschnittlichen Leseleistungen. Dies führte zu einer weiteren Annahme: Eine Reduktion visueller Crowdings durch Abstandveränderungen zwischen Schriftzeichen und Worten erwirkt eine Steigerung der Leseleistung. Tatsächlich konnte nachgewiesen werden, dass durch eine Vergrößerung der Buchstaben- und Wortabstände die Leseleistung von ca. einem Schuljahr gesteigert werden konnte. Ebenfalls bedeutsam scheint die Auswahl der Schrifttypen. Aktuelle Untersuchungen gehen davon aus, dass serifenfreie Schriftarten (Arial, Helvetica, Verdana) -  die bekanntest Serifenschrift ist Times New Roman – das Lesen erleichtert. Kursiv- und Fettdruck setzen anscheinend die Leseleistungen herab. Darüber hinaus geht man auch von einer positiven Wirkung kurzer Textzeilen auf die Leseleistung aus. (vgl. GALUSCHKA; LEDY 01.2015)

 

Die Reduzierung dieser Crowdings ersetzt zwar keine qualifizierte LRS-Therapie, dennoch fällt Schülerinnen und Schülern mit LRS das Lesen der Aufgabenstellung bei Schulaufgaben und Proben womöglich leichter, wenn Lehrer diese entsprechend darbieten.